Wald und Wild – Position der SDW

Ausgangslage

Über 500.000 Hektar Waldfläche müssen aufgrund der klimabedingten Trockenheit, Stürme und Borkenkäferkalamität wiederbewaldet werden. Ein weiteres Viertel (2,85 Millionen Hektar nach Bolte et. al, 2021) der heimischen Wälder gilt aufgrund des fehlenden Struktur- und Artenreichtums als stark gefährdet. Forstwissenschaftler:innen sind sich einig, dass nur eine erfolgreiche Wiederbewaldung und ein gezielter Waldumbau hin zu klimaangepassten Wäldern den Walderhalt und damit die vielfältigen Ökosystemleistungen des Waldes sowie die Waldfunktionen (Schutz-, Nutz-, Erholung) langfristig sichern werden. Alle (waldbaulichen) Maßnahmen müssen somit zum Ziel haben, die Toleranz der Wälder gegenüber klimatischen Veränderungen, Störungen und Kalamitäten zu stärken („Ökosystemstabilität“ nach WBW, 2021). Dafür braucht es neben gesteigerter Resistenz und Resilienz der Waldökosysteme, auch ein angepasstes Waldmanagement – welches die Jagd auf Schalenwild miteinschließt.

Problemstellung

Die erfolgreiche Wiederbewaldung und der Waldumbau werden jedoch vor allem durch (Schalen-)Wildschäden (Verbiss-, Fege- und Schälschäden) vielerorts gefährdet. Nahezu alle Expert:innen und Interessengruppen können sich darauf verständigen, dass es angepasste Wildbestände braucht. Wie diese zu erreichen sind, wird jedoch kontrovers diskutiert.

Methode

Auf Basis eines digitalen SDW-Talks mit Referierenden der TU-Dresden, der ANW, des DJV und der Politik hat sich die SDW in ihren Gremien auf fünf Kernaussagen zum Thema Wald und Wild verständigen können:

Unsere Kernaussagen

1. Wildtiere sind fester Bestandteil des Waldes: Er dient den Tieren als Lebensraum und ist als Rückzugsort auch wesentliche Lebensgrundlage für viele Wildarten des teilweise intensiv genutzten Offenlandes geworden (z. B. Rotwild).
2. In Zeiten der Wiederbewaldung und des Waldumbaus hat die Sicherung der Verjüngung (Naturverjüngung, Pflanzung und Saat) oberste Priorität: Die Sicherung der jungen heranwachsenden Bäume ist durch Jagd, eine wildökologische Raumplanung und im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen (wie Zaun oder Verbissschutz) zu ermöglichen, um zukunftsfähige Waldökosysteme zu schaffen und zu erhalten.
3. Der Entmischung vorbeugen: Häufig bevorzugen Wildtiere zur Äsung wichtige Baumarten, die es unbedingt zu erhalten gilt. Um klimaresiliente und artenreiche Mischwälder zu etablieren, benötigen wir eine Vielfalt an Baumarten.
4. Der Zustand der Vegetation bildet die Grundlage für das Handeln: Der Einfluss des Wildes auf den Wald, seine biologische Vielfalt, Ökosystemleistungen und seine zu-künftige Struktur muss für alle Akteur:innen und Interessengruppen auf Basis von Bewertungsgrundlagen (z. B. Verbissgutachten, Vegetationsgutachten, Kontrollzäune) erkennbar werden.
5. Nur, wenn alle an einem Strang ziehen, kann es gelingen, Wald und Wild in Einklang zu bringen: Zahlreiche positive Aktivitäten (beispielsweise gemeinsame Revierbegehung von Waldbesitzenden und Pächter:innen) gehen bereits in die richtige Richtung. Diese müssen intensiviert und weitergeführt werden, zum Beispiel durch eine verstärkte Bildungsarbeit im Kontext Jagd.

Hinweis: Die Position wurde am 18. Januar 2024 mehrheitlich im SDW-Präsidium verabschiedet. Sie wurde in einem partizipativen Prozess zwischen dem SDW-Bundesverband und den SDW-Landesverbänden der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e. V. (SDW) erarbeitet. Einzelne Positionen der Landesverbände können ggf. abweichen.

Dieses Positionspapier wurde unter Mitwirkung von diesen Autorinnen und Autoren erstellt: Jonas Brandl, Marvin Schneider und Christoph Rullmann (SDW-Bundesverband) – mit freundlicher Unterstützung der SDW-Landesverbände aus Bayern, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen.